Im März 2021 hat die Facebook-Tochterfirma Instagram eine kinderfreundliche Version seiner Online-Plattform angekündigt. Sie heißt Instagram Kids. Doch seither hagelt es Warnungen, dass der Konzern damit dem Wohlergehen von Kindern schade. Nun hat Instagram-Chef Adam Mosseri in einem Blogbeitrag verkündet, die Arbeit an dem Projekt vorerst zu pausieren. In dieser Auszeit möchte das Unternehmen auf die Bedenken der Kritiker:innen reagieren und gemeinsam mit Eltern, Expertinnen und Politiker:innen an dem Produkt arbeiten.
Instagram sieht vor, mit Instagram Kids eine Plattform zu schaffen, die speziell auf Zehn- bis Zwölfjährige zugeschnitten ist. Schließlich geben die Richtlinien des Unternehmens vor, dass Jugendliche erst ab 13 Jahren die Standard-Version nutzen dürfen, auch wenn Kinder diese Altersgrenze oft umgehen. Instagram Kids soll ein Angebot für all jene sein, die sich sonst möglicherweise unerlaubt auf der Plattform tummeln, auf der hauptsächlich Fotos und kurze Videos ausgetauscht werden.
Mehr Kontrolle für Eltern
Das kinderfreundliche Angebot enthält sogenannte Opt-in-Tools, mit denen Erziehungsberechtigte überwachen können, wie ihre Kinder die App verwenden. Beide Parteien müssen dem zustimmen. Wenn das erfolgt, können Erziehungsberechtigte sehen, wie viel Zeit die Kinder auf Instagram Kids verbringen, wer ihnen schreibt und folgt. Weitere Überwachungstools sollen folgen. Instagram möchte die Kinder-Version werbefrei halten.
Von Politiker:innen, Aktivist:innen und Fachleuten hagelte es daran Kritik. So haben 44 US-Generalstaatsanwält:innen einen offenen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg geschickt, in dem sie eine Ende von Instagram Kids fordern. Der Brief erwähnt Bedenken wegen möglichen Cybermobbings und der mentalen Gesundheit der Kinder. Soziale Medien könnten dem „physischen, emotionalen und mentalen Wohlbefinden von Kindern schaden“. Zudem trauen sie Facebook nicht zu, seine Versprechen zum Kindeswohl umzusetzen, da der Konzern in der Vergangenheit junge Nutzer:innen unzureichend geschützt habe.
Diese Bedenken teilen auch Kritiker:innen wie die Professorin Shoshana Zuboff. Sie haben sich mit der Kinderschutzorganisation „Campaign for a Commercial-Free Childhood“ zusammengeschlossen und kritisierten ebenfalls Instagram Kids in einem Brief an Zuckerberg.
Instagram schadet besonders Teenager-Mädchen
Diesen Monat hat sich der Druck auf Instagram erneut verstärkt, ihr Produkt Instagram Kids zu überdenken. Grund dafür ist eine Facebook-Studie, die zeigt, wie sich Instagram auf das Wohlbefinden von Jugendlichen auswirkt. Das Wall Street Journal hat sich die Ergebnisse angeschaut, die Facebook schon im Jahr 2020 auf einer internen Webseite veröffentlicht hatte. Die Studie deckt auf, dass sich ganze zweiunddreißig Prozent der befragten Teenager-Mädchen auf Instagram noch schlechter fühlen, wenn sie sich bereits davor wegen ihres Körpers unwohl fühlten. Das Wall Street Journal berichtete, dass Facebook die negativen Auswirkungen der App herunterspiele und Forschungsergebnisse gar nicht erst herausgebe.
Facebook weist die Anschuldigungen zurück. Die Chefin von Facebooks Forschungsabteilung, Pratiti Raychoudhury, entgegnet in ihrem Blogbeitrag, dass Instagram Jugendlichen in anderen Gebieten geholfen hätte, mit Problemen umzugehen. Sie betont auch, dass die Studienergebnisse stellenweise nur auf 40 befragten Personen basieren. Dennoch reagiert Instagram auf die starke Kritik an ihrem geplanten Produkt und pausiert die Entwicklung von Instagram Kids.
Nicht alle Kritiker:innen sind mit dieser Pause zufrieden. So twittert Ed Markey, Senator für den US-Bundesstaat Massachusetts: „Eine ‚Pause‘ ist nicht ausreichend. Facebook muss dieses Projekt vollständig aufgeben.“
Facebook lockt Kinder an
Das Wall Street Journal berichtet unter Berufung auf weitere interne Dokumente, dass Facebook auf verschiedene Arten versuche, Kinder auf seine Plattform zu locken. Demnach habe der Konzern ein eigenes Team zusammengestellt, dass Produkte für Kinder vor dem Teenageralter entwickle, sogenannte „Tweens“. In einem vertraulichen Dokument von Facebook steht nach Angaben des Wall Street Journals: „Mit der Allgegenwärtigkeit von Tablets und Telefonen kommen Kinder schon mit sechs Jahren ins Internet. Wir können das nicht ignorieren.“
Damit reiht sich Facebook neben ByteDance und YouTube ein, die nach Berichten ebenfalls überlegen, wie sie Kinder in ihre digitale Räume holen können. Instagram Kids liegt zwar vorerst auf Eis, aber der Markt für spezielle digitale Angebote für Kinder wächst weiterhin.
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